Elektrizitätswerk in der Schlossmühle des Adam Walter
1904 erhält Adam Walter von „Königlich Bayerische Posten und Telegraphen“ die Genehmigung zur Errichtung eines Elektrizitätswerkes:
Abbildung 1:
Genehmigung zur Errichtung eines Elektrizitätswerkes von 1904
Das Elektrizitätswerk wird vor 1929 - laut Schreiben vom 2.12.1930 eines Angestellten der Schlossmühle (Herrn Ingenieur Nöller) - angetrieben durch:
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Durch einen Vertrag mit der Gemeinde im Juni 1929 zwecks zusätzlicher Stromversorgung der Pumpwerke der Gemeinde wird es erforderlich, den Dieselmotor von 25 PS durch einen Dieselmotor von 70 PS zu ersetzen. Auch ein „Drehstromgenerator“ wird erforderlich.
Ziel ist es nun, mit dem Elektrizitätswerk folgende Bereiche zu versorgen:
Die Auftragsbestätigung der Firma Motorenwerke Deutz, Zweigniederlassung Nürnberg-München vom 11.09.1929 für den neuen Dieselmotor lautet:
„1 Stück Original Deutz-Motor 70 PS. Bauart PMZ Größe 330 für den Betrieb mit Rohöl-Gasöl mit listenmäßigen Zubehör und Ersatzteilen, Schwungrad für Lichtbetrieb, Riemenscheibe, Fundamentteilen, Rohrleitung für Durchflusskühlung und Auspuff, eine 2.te Riemenscheibe sowie einschließlich Verpackung, Montage des neuen und Demontage des alten zurückgegebenen Motors.“
Abbildung 2: Der hintere
Dieselmotor von 70 PS der Firma Deutz,
nebst zwei Schalttafeln
Am 08.11.1929 lässt der damalige Pächter durch „zu geringe Kühlwasser-Zuführung“ die „Cylinder“ des neuen Dieselmotors heißlaufen und beschädigt diesen dadurch. Außerdem wird der alte Sauggasmotor entgegen der Erfordernisse vom Pächter im darauf folgenden Winter nicht gewartet, so dass dieser im Februar 1930 „zu Bruch geht“. Nach einem sich lange hinziehenden Rechtsstreit muss sich der Pächter wohl an den Anschaffungskosten für eine neue Sauggasanlage von 55 /60 PS der Firma Deutz beteiligen und in Folge dieses Streits wird dann auch der Pachtvertrag aufgelöst. Ende 1930 wird ein Elektriker eingestellt, um sich um das Elektrizitätswerk zu kümmern. Dieser führt bis zur Stilllegung des Elektrizitätswerk und Übernahme der Stromversorgung durch das Überlandwerk Unterfranken 1949 das Elektrizitätswerk zur größten Zufriedenheit der Besitzer.
Am 14.08.1930 wird ein Lichtschwungrad mit Sauggasleitung der Firma Köln-Deutz eingebaut. Laut Bestellformular vom 28.03.1930 ordert Mathilde Dellert für ihren Vater, Adam Walter:
„1 Stück
Original Deutz Motor 55/60 PS, Bauart MKS, Größe 247 für Betrieb mit Sauggas
mit listenmäßigen Zubehör und
Ersatzteilen, Lichtschwungrad 1,80, 2 Riemenscheiben gemäß schriftlicher
Offerte … mit G3 Gasanlage … für 10.000 Mark.“
Seitlich am Lichtschwungrad (Abbildung 3) ist vermutlich ein kleinerer Stromgenerator zu sehen.
Der eigentliche Sauggaserzeuger, der wohl mit Koks beheizt wurde, befindet sich im altem Mühlengebäude direkt hinter der Tür, die auf dem Photo hinter dem Schwungrad zu erahnen ist.
Abbildung 3: Lichtschwungrad der Firma Köln-Deutz. Auf rechtem Foto rechts daneben Sauggasmotor /links vermutlich ein Stromgenerator
Soweit bis jetzt aus den vorhandenen Unterlagen ersichtlich, wurde das Elektrizitätswerk im Anschluss (also ab 1930) bis zu seiner Stilllegung vor 1950 angetrieben durch:
Bevor das gesamte Ortsnetz vollständig durch das Überlandwerk mit Strom versorgt wurde, erzeugte in einer Übergangszeit nur noch die Wasserturbine Strom für die Gemeinde. Die Sauggasanlage und der Dieselmotor wurden bereits zuvor stillgelegt.
Allgemeiner Verlauf der Motorisierung von Kunstmühlen in Franken
(zusammengefasst aus „Mühlen und Müller
in Franken“ von Konrad Bedal S:91 f. Veröffentlichungen des Fränkisches
Freilandmuseum, Bad Windsheim)
Künstlicher Antrieb, d.h. Wasserturbinen, kamen meist dort zum Einsatz wo die Wasserkraft des Flusses / Baches sehr unzuverlässig war.
Motoren erwiesen sich später als einfacher einsetzbar, da sie sich überall im Mühlengebäude platziert werden konnten.
Dampfmaschine: ab 1850 als erster künstlicher Mühlenantrieb. Benötigte aber eigenes Personal um gewartet zu werden;
Sauggasmotor: ab 1900; Eine Sauggasanlage besteht aus einem Gaserzeuger, einer Gasreinigungsanlage und dem eigentlichen Gasmotor;
Gaserzeuger: verbrennt Anthrazit oder Steinkohle; wandelt Gase mehrfach um bis sich Wasserstoff mit Kohlenoxyd verbindet = Kraftgas zum Antrieb des Gasmotors;
Gasmotor: Erhitzung des Verbrennungsraumes bis zu 1500°C; hoher Kühlwasserverbrauch bis zu 20 Liter pro PS und Stunde;
Ölkraftmaschinen: um 1910; später durch Dieselmotoren abgelöst; einfachere Wartung und Bedienung (schmiert selbsttätig) aber hohe Anschaffungs- sowie Unterhaltskosen (z.B. für Treibstoff)
Elektromotor: erst nach dem zweiten Weltkrieg in Franken; bei geringerem Platzbedarf zuverlässiger als die Vorläufer-Motoren.